Formafantasma erklären: „Dieses Projekt zielt darauf ab, konventionelle Erzählungen über Modernität, Häuslichkeit und Design zu hinterfragen und gleichzeitig die tiefgreifenden kulturellen Auswirkungen dieser Ideen heute zu untersuchen.“ ‘Staging Modernity’ basiert auf dem Grundriss einer Cassina-Ausstellung für den „Salon d'Automne“ im Jahr 1929, einem Meilenstein in der Geschichte der modernen Architektur und des Designs. In diesem historischen Moment wurde versucht, das häusliche Umfeld als industrielle und funktionale „Wohnmaschine“ neu zu definieren und es von der Last der Tradition zu befreien.
Mit der Einführung der modernen Ästhetik ihrer Stahlrohrmöbel distanzierten sich Le Corbusier, Charlotte Perriand und Pierre Jeanneret von den traditionellen Holzmöbeln der damaligen Zeit. Ein radikaler Bruch, der nicht nur als Veränderung des Designs, sondern auch als Symbol der Moderne selbst verstanden wird: eine zukunftsorientierte, industrielle und rationale Welt, die sich von der Vergangenheit löst. Die Installation ‚Staging Modernity‘ von Formafantasma erinnert nicht einfach nur an diesen historischen Moment, sondern dekonstruiert ihn, indem sie die Elemente wie Skizzen oder Entwürfe im Raum verteilt. Wie Teile eines Puzzles evozieren die Fragmente die Idee einer Vision, die einst ganz war, nun aber fragmentiert ist und eine Linse bietet, durch die man die idealisierte Vorstellung der Moderne überdenken kann.
Das Werk von Le Corbusier, Perriand und Jeanneret, das tief in der Philosophie der Rationalität und des Fortschritts verwurzelt ist, wird in der Intervention von Formafantasma neu interpretiert, und zwar nicht als makellose Vision industrieller Perfektion, sondern als etwas Offeneres und Poröseres.
Die Installation von Formafantasma
Im Kern kritisiert „Staging Modernity“ die binären Gegensätze, die den Diskurs der Moderne historisch strukturiert haben: auf der einen Seite das Mechanisierte, Rationale und Zivilisierte, auf der anderen Seite das Natürliche, Organische und Wilde.
Die Installation fragt: Was wird geschehen, wenn wir uns nicht mehr an diese Unterscheidungen halten? Was wird geschehen, wenn die Moderne mit einer umfassenderen Ökologie konfrontiert wird, die nicht-menschliche Akteure, Tiere und Ökosysteme sowie die Kräfte von Kultur, Industrie und Technologie einschließt? Die fragmentierte Präsentation der Arbeiten von Le Corbusier, Perriand und Jeanneret in ‚Staging Modernity‘ ist keine Abstraktion, sondern eine Widerspiegelung der Dissonanz zwischen den Idealen der Moderne und der zeitgenössischen Welt. Während in der Mitte des 20. Jahrhunderts ein sauberer Bruch mit der Tradition gefeiert wurde, sind wir heute mit den unbeabsichtigten Folgen dieses Bruchs konfrontiert, bei dem die Grenzen zwischen dem Menschlichen und dem Natürlichen immer schwerer zu ziehen sind. Durch diese Intervention schlägt Formafantasma eine neue Sichtweise auf die Moderne vor, nicht als eine starre und statische Ideologie, sondern als ein sich entwickelndes Gespräch mit der Gegenwart.
„Im Wesentlichen ist ‚Staging Modernity‘ eine kritische Hommage. Sie ist eine Hommage an die revolutionäre Vision von Le Corbusier, Pierre Jeanneret und Charlotte Perriand und bietet gleichzeitig einen offenen Raum für neue Reflexionen und Interpretationen der Moderne.“
Beim Betreten des Foyers des Theaters ist das Publikum eingeladen, mehr über die Geschichte und die Entwicklung der Kollektion Le Corbusier®, Pierre Jeanneret®, Charlotte Perriand® zu erfahren, und zwar auf einem pädagogischen Rundgang, der eine Zeitleiste mit Bildern, Videos und historischem Material umfasst. Die Protagonisten auf der Bühne sind die neuen limitierten Editionen, die Cassina in Zusammenarbeit mit der Fondation Le Corbusier und den Erben von Pierre Jeanneret und Charlotte Perriand entwickelt hat, und die das Publikum dazu einladen, sich die Installation anzusehen, die im Gegensatz dazu im Theater unten stattfindet.
Hier, im Parkett des Theaters, stehen Stücke aus der Sammlung Le Corbusier®, Pierre Jeanneret® und Charlotte Perriand® neben einer Auswahl von Möbeln aus dem Salon d'Automne, die von Cassina in identischen Farben und Materialien ab 1929 hergestellt wurden. Während der gesamten Woche werden Theateraufführungen unter der Regie von Fabio Cherstich mit professionellen Schauspielern als integraler Bestandteil der Installation aufgeführt.
Auf der Grundlage von drei in Auftrag gegebenen Texten des Philosophen Emanuele Coccia, des Architekten, Schriftstellers und Kurators Andrés Jaque und der Architektin und Künstlerin Feifei Zhou (terriStories) wird die Reflexion über die ideologischen und materiellen Implikationen der Moderne und der Natur weiter vertieft, wobei über das Statische und Visuelle hinaus auch das Performative, das Auditive und das Verkörperte in eine umfassende Erfahrung für das Publikum einbezogen werden. „Ich stelle mir eine Performance vor“, erklärt Regisseur Fabio Cherstich, „in der ein Chor den Raum bewohnt und auf unkonventionelle Weise mit Objekten interagiert. Die Körper erforschen die strukturellen Grenzen des Raums, indem sie ihre Funktion anpassen und neu definieren, bis hin zur Auflösung jeglicher Hierarchie zwischen Mensch, Objekt und Natur. Das Theater, ein Ort der Konvention schlechthin, wird so zu einem Raum des poetischen Austauschs, in dem sich alles verwandeln kann. Eine szenische Utopie, in der die physische Präsenz dem Theater seine authentischste suggestive Kraft zurückgibt.“
Mit der Installation ‚Staging Modernity‘ setzt Cassina seine Mission fort, junge Talente zu unterstützen und zu kultivieren und bezieht Künstler von lokalen Kunstakademien und Studenten der Domus Academy ein, die dem Publikum das Projekt erläutern. Nach der Milano Design Week möchte Cassina eine Auswahl der Tierreproduktionen für pädagogische und kulturelle Zwecke spenden, während die übrigen Stücke im Cassina-Archiv aufbewahrt werden sollen.
Teatro Lirico Giorgio Gaber
Via Larga, 14, 20122 Mailand
10.30 – 19.30 Uhr
Aufführungen alle zwei Stunden ab 11 Uhr
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